
Warum befindet sich Digitales Marketing seit 2025 im Umbruch?
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Seit einigen Monaten sehe ich, wie bewährte Marketingansätze plötzlich an ihre Grenzen stossen: steigende Kosten, abnehmende Klicks, sinkende Reichweite und das Gefühl, ständig gegen Windmühlen zu kämpfen. Das ist auch bei unseren Kundinnen und Kunden spürbar. Deshalb habe ich mich entschlossen, mich tiefer mit diesem Thema auseinanderzusetzen und diese Beitragsserie «Spielregeln im Marketing 2025+» zu starten.
Mein Ansatz: Jetzt ist der richtige Moment, einen Schritt zurückzugehen, die zugrundeliegenden Mechanismen zu analysieren und den Marketingansatz mit frischem Mut und echtem, menschlichem Fokus neu zu gestalten – statt in digitaler Trägheit zu verharren.
Also: Warum verändert sich Marketing aktuell? Was beobachten wir konkret?
Der Markt ändert sich!
Das ist keine neue Erkenntnis, sondern fast schon ein Naturgesetz in der Wirtschaft. Märkte sind niemals statisch, sondern entwickeln sich ständig weiter – getrieben von Technologie, gesellschaftlichen Strömungen, wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und nicht zuletzt vom Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten. Was gestern noch als bewährte Methode galt, kann heute bereits an Wirkung verlieren. Genau darin liegt die Herausforderung, aber auch die Chance des Marketings: sich den Bewegungen des Marktes anzupassen, ohne dabei die eigene Identität zu verlieren.
Deshalb lohnt es sich, zunächst zu analysieren, welche Veränderungen aktuell den stärksten Einfluss ausüben – basierend auf meiner Einschätzung und Beobachtung der Marktdynamik.
1. Nutzerverhalten & Gesellschaft
Die rasante Änderung des Verhaltens der Konsumentinnen und Konsumenten prägt aus meiner Sicht aktuell den Markt stärker als je zuvor. Dabei meine ich vor allem die Verschiebung im Suchverhalten.
Wie beeinflusst das Suchverhalten aktuelle Änderungen am Markt?
Statt ausschliesslich Google zu nutzen, wenden sich immer mehr Nutzerinnen und Nutzer direkt an KI-Tools wie ChatGPT oder Perplexity, oder sie lassen sich Antworten durch die AI-Snapshots in Suchmaschinen direkt anzeigen – ohne dass Nutzerinnen und Nutzer Webseiten besuchen. Das reduziert den klassischen Website-Traffic deutlich.
Hierzu habe ich einige interessante Zahlen und Fakten gefunden:
- Einige Webseiten berichten teils von 55% Traffic-Rückgang seit Einführung solcher AI-Snippets.
- Gleichzeitig bleibt Google dominant: Bei 90% Marktanteil zeigt sich, dass traditionelles Suchen weiterhin relevant ist – aber durch hybrides Nutzungsverhalten ergänzt wird.
- Umfragewerte zeigen: 83% der Befragten empfinden AI-Suche als effizienter als klassische Google-Suche – besonders bei komplexen Fragen. Doch laut anderen Stimmen bleibt Google solide Basis – AI als Ergänzung, nicht Ablösung.
Wie beeinflussen Kaufkraft und Kaufentscheidungen die Veränderungen am Markt?
Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Einflussfaktor auf aktuelle Marktveränderungen sind die Generationen Y, Z und die darauffolgenden Alpha und Beta. Ihre Kaufkraft steigt deutlich – etwa bei der Generation Z wird für das Jahr 2030 ein globales Ausgabenvolumen von rund 12,6 Billionen USD erwartet, was etwa 18,7% der weltweiten Ausgaben ausmacht. Die Zahlen zu Gen Z illustrieren eindrücklich, wie relevant diese Generation bereits heute für den Markt ist – und das Volumen zeigt: Es lohnt sich, sich auf ihre Bedürfnisse auszurichten.
Doch nicht nur deren Kaufkraft beeinflusst den Markt, sondern vor allem, wie sie Kaufentscheidungen treffen.
Laut der Studie Social Media Atlas 2025 nutzen etwa 33% der Social-Media-Nutzerinnen und Nutzer ein Produkt, weil es dort beworben oder gezeigt wurde – über alle Generationen hinweg.
- Bei der Gen Z (1997‒2010) sind es sogar 57%, die besonders durch Instagram zu einem Kauf bewegt wurden.
- Auch wenn Gen Alpha aktuell noch keine eigene Kaufkraft wie Gen Z besitzt, haben sie bereits heute einen messbaren Einfluss – etwa durch Anfragen bei den Eltern, was sie kaufen möchten.
Ihre Kaufentscheidungen werden also in sozialen Netzwerken gefällt und damit stark von Social-Ads sowie von Bewertungen, Social Communities oder Influencerinnen und Influencern beeinflusst. Wobei es hingegen bei letztgenannten aktuell eher einen Rückgang zu verzeichnen gibt.
Sehnsucht nach Echtheit und Menschen wächst
Die mit der Vielfältigkeit der Kanäle und KI-getriebenen Inhalte einhergehende permanente Reizüberflutung führt dazu, dass klassische Ads oft wirkungslos verpuffen: Bannerblindheit und Scroll-Müdigkeit sind Alltag. Bei übermässiger Werbeansicht geht beispielsweise die Click-Through-Rate (CTR) innerhalb einer Woche um bis zu 50% zurück – selbst bei vier bis fünf Impressionen pro Nutzerin oder Nutzer steigt die Wahrscheinlichkeit rapide, dass Ad fatigue einsetzt.
Durch diese Entwicklung beobachten wir mittlerweile etwas sehr Interessantes: Es wächst die Sehnsucht nach Echtheit – Menschen erwarten Vertrauen, persönliche Interaktion und eine klare Werteorientierung, statt austauschbarer Werbebotschaften.
So betonen:
- 86% der Verbraucherinnen und Verbraucher, dass Authentizität bei der Markenwahl eine entscheidende Rolle spielt,
- 91% kaufen oder empfehlen authentische Marken,
- 55% vertrauen User-generated Content mehr als offiziellem Markencontent.
Zusätzlich werden Marken, die ihre Werte klar kommunizieren, besonders von Millennials geschätzt: 83% bevorzugen Marken, die mit ihren Werten übereinstimmen. Eine mögliche Ursache dieser Entwicklung könnten die technologischen Neuerungen im Marketing darstellen. Wir müssen also aufpassen, dass uns KI-generierter Content nicht den Erfolg des Content-Marketings zerstört, was uns zum nächsten grossen Einflussfaktor der Veränderungen am Markt führt.
Vertrauen & Community gewinnen an Bedeutung
Während digitale Reichweite schwieriger und teurer wird, feiern andere Faktoren ein starkes Comeback: Word-of-Mouth boomt, insbesondere bei Unternehmen, die Nachhaltigkeit, Werte und Mitarbeiterzufriedenheit in den Vordergrund stellen. Potentielle Kundinnen und Kunden vertrauen Menschen mehr als Marken – Bewertungen, Empfehlungen und persönliche Empfehlungen aus Communities wiegen schwerer als jede Werbekampagne.
Zudem gewinnen Offline- und Hybrid-Erlebnisse an Bedeutung: Hochwertige Events, kleine Gesten oder persönliche Begegnungen schaffen einen bleibenden Eindruck, der digitale Touchpoints sinnvoll ergänzt.
2. Technologische Parameter
Technologie ist heute einer der stärksten Treiber für Veränderungen im Marketing.
Künstliche Intelligenz hat die Content-Produktion demokratisiert
Jeder kann in kürzester Zeit Texte, Bilder oder Videos erstellen – was einerseits neue Chancen eröffnet, andererseits aber die Differenzierung erschwert und das Konsumverhalten verändert.
Gleichzeitig bestimmen Plattform-Algorithmen von Google, LinkedIn oder Meta darüber, welche Inhalte überhaupt sichtbar werden. Schon kleinste Anpassungen können Reichweiten massiv verschieben und ganze Strategien ins Wanken bringen.
Grenzen des Performance Marketings
Hinzu kommt die wachsende Herausforderung im Bereich Tracking und Daten: Cookie-Blockaden, iOS-Updates und neue Datenschutz-Tools machen präzises Targeting und die Messung von Erfolg komplexer – Marketer müssen lernen, mit weniger Daten mehr Wirkung zu erzielen.
Werbeplacement über Plattformen wie Meta, Google oder TikTok steht unter Druck – Datenschutzregulierungen (z.B. EU-DSGVO, iOS-Updates) und Tracking-Schranken verstärken die Herausforderung.
Gleichzeitig investieren Unternehmen noch immer massiv ins Digitale: Der globale Digital-Werbemarkt wächst von etwa 734 Mrd USD in 2024 auf 843 Mrd USD in 2025, bei fast 15% durchschnittlicher, jährlicher Wachstumsrate.
Spannungsfeld:
Trotz digitaler Dominanz steigt der Bedarf nach Datenqualität, direkter Nutzerbeziehung und kreativen Kanälen – die reine Ad-Schaltung greift nicht mehr.
3. Ökonomische Parameter
Aufgrund des erhöhten Wettbewerbs der auf das veränderte Nutzerverhalten zurück geht, beobachten wir steigende Preise bei Ads und bei allen Tools & Werkzeugen, die die Arbeit im Marketing erleichtern. Das führt dazu, dass der Druck in Marketingteams steigt, weil sie mit weniger Budget mehr Wirkung erzielen müssen.
Gleichzeitig beeinflussen Konjunkturschwankungen, Inflation und Unsicherheit die Kaufkraft – sowohl auf Unternehmensseite als auch bei den Konsumentinnen und Konsumenten.
4. Regulierung & Rahmenbedingungen
Auch gesetzliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen haben starken Einfluss auf das Marketing. Datenschutzgesetze wie die DSGVO in der EU oder das Schweizer Datenschutzgesetz (DSG) schränken Tracking-Möglichkeiten und die Nutzung personenbezogener Daten massiv ein. Präzises Targeting wird dadurch schwieriger – Unternehmen müssen alternative Wege finden, um ihre Zielgruppen zu verstehen und zu erreichen.
Hinzu kommen Regulierungen der Plattformen selbst: Werberichtlinien von Meta oder Restriktionen bei Google Ads bestimmen, welche Produkte und Botschaften überhaupt beworben werden dürfen, und setzen Marketerinnen und Marketer klare Grenzen.
Parallel wächst der Druck rund um Nachhaltigkeit und ESG-Themen: Unternehmen stehen zunehmend in der gesellschaftlichen Erwartung, Verantwortung zu übernehmen – sowohl ökologisch als auch sozial. Diese Erwartungen wirken direkt auf die Kommunikation, da Konsumentinnen und Konsumenten stärker darauf achten, ob Marken ihre Werte glaubwürdig leben.
5. Strategische & organisatorische Parameter
Neben Markt und Technologie spielen auch interne Faktoren in Unternehmen eine entscheidende Rolle. Die Kompetenz ist oft der begrenzende Faktor: Gerade KMU verfügen über wenig Marketingpersonal und Know-how, was die Auswahl und Umsetzung von Strategien stark beeinflusst. Die Anforderungen an Marketingfachleute haben sich in den letzten Jahren nicht nur vervielfacht, sondern auch grundlegend verschoben. Wenn ich daran zurückdenke, welche Projekte und Massnahmen ich vor 15 Jahren verantwortet habe, wird deutlich, wie stark sich mein Arbeitsalltag, das eingesetzte Toolset und die erforderlichen Kompetenzen verändert haben.
Gleichzeitig prägt die interne Kultur und Führung das Marketingverständnis: Wird es als reine Kostenstelle gesehen, fehlt es meist an Ressourcen und Experimentierfreude. Wird Marketing dagegen als Investition verstanden, entstehen Handlungsspielräume für nachhaltige, wirkungsvolle Massnahmen in Zusammenarbeit mit allen Abteilungen des Unternehmens.
Wie weiter?
Die Länge des Artikels zeigt auf, dass wir am Markt derzeit zahlreiche Spannungsfelder beobachten, die zudem auch voneinander abhängig sind und sich weiter verändern werden. Wir müssen uns auch gleich bewusst machen, dass es kein Lehrbuch gibt, das uns genau vorgibt, wie wir Marketing heute und in Zukunft erfolgreich umsetzen. Die Dynamik des Marktes, das sich ständig wandelnde Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung von Technologien verlangen von uns permanente Lernbereitschaft. Das bedeutet, wir müssen bereit sein, bestehende Annahmen zu hinterfragen, neue Wege zu testen und mutig Experimente einzugehen – auch wenn nicht alles auf Anhieb funktioniert.
Der kontinuierliche Austausch von Erfahrungen im Team und mit Branchenkolleginnen und -kollegen wird dabei immer wichtiger. Nur so schaffen wir es, auf Veränderungen flexibel zu reagieren, Scheitern als Erkenntnisquelle zu nutzen und gemeinsam innovative Lösungen zu erarbeiten, die unter den aktuellen Rahmenbedingungen wirklich Wirkung entfalten.
Ich werde über meine Begegnungen, über Diskussionen sowie Tests und Erfahrungen sprechen. All das lässt sich nicht in einem einzigen Beitrag vollständig abhandeln. In den kommenden Artikeln der Serie «Spielregeln im Marketing 2025+» werde ich deshalb einzelne Themen vertiefen – und genauer beleuchten, was sie für das Marketing in der Praxis bedeuten. Dazu gehören unter anderem:
- Wie verändert das neue Nutzerverhalten SEO? – manche sprechen bereits vom Untergang von SEO.
- KI im Content Marketing – ist sie Fluch oder Segen?
- Wie beeinflussen junge Generationen Kaufentscheidungen über soziale Netzwerke?
Mit diesen Beiträgen möchte ich die Frage beantworten, die mir Kundinnen und Kunden am häufigsten stellen:
Was muss ich konkret tun, um im Marketing erfolgreich zu sein?